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Gesetzesreform zur Rot-Weiß-Rot – Karte

21. November 2022

Nach Monaten des Wartens ist es am 1. Oktober 2022 so weit: Die Gesetzesreform des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) und des Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetzes (NAG) tritt in Kraft. Aber für wen ist das überhaupt relevant? Was ändert sich ganz konkret für Unternehmen in Österreich, die internationale Fachkräfte beschäftigen (wollen), sowie für diese Fachkräfte und ihre Familien? Im Folgenden werden die wichtigsten Neuerungen beispielhaft erklärt.

Was verbessert sich für Arbeitgeber:innen? 

Unternehmen in Österreich, die drittstaatsangehörige (also nicht-EU/EWR/Schweizer Bürger:innen) Fachkräfte beschäftigen wollen, können sich auf eine Vielzahl an Erleichterungen ab 1. Oktober 2022 freuen: 

Zum einen sollen Antragsverfahren auf eine Rot-Weiß-Rot – Karte oder eine Blaue Karte EU in Zukunft schneller von den österreichischen Behörden abgewickelt werden als bisher.  

Zum anderen gelten niedrigere Mindestgehälter als bisher:  

  • Bisher war ein Antrag auf eine Blaue Karte EU nur dann aussichtsreich, wenn das Mindestbruttojahresgehalt von € 66.593 erfüllt wurde. Durch die Reform sinkt dieses Mindestgehalt nun auf € 44.395 brutto pro Jahr. 

  • Bis zum 30. September 2022 gilt, dass die Rot-Weiß-Rot – Karte für Sonstige Schlüsselkräfte zwei Mindestgehälter kennt: jenes für Fachkräfte unter 30 und jenes für Fachkräfte ab 30. Durch die Reform entfällt das höhere Mindestgehalt für über 30-jährige Fachkräfte, was bedeutet, dass altersunabhängig für diese Variante der Rot-Weiß-Rot Karte ab 1. Oktober für das Jahr 2022 ein Mindestbruttomonatsgehalt von € 2.835 gilt.  

  • Bisher galt, dass die Rot-Weiß-Rot – Karte für StudienabsolventInnen (österreichischer Hochschulen) nur dann erteilt wurde, wenn ein Mindestbruttomonatsgehalt von € 2.551,50 erfüllt wurde. Diese Voraussetzung fällt durch die Reform, so dass das Gehalt bei dieser Unterkategorie der Rot-Weiß-Rot – Karte nur noch dem jeweiligen Kollektivvertrag und der betriebsüblichen Überzahlung entsprechen muss.  

Aufenthaltstitel
 
Mindestgehalt bisher
(brutto/Jahr, 14 Gehälter)
Mindestgehalt neu, von 1.10.2022 bis 31.12.2022
(brutto/Jahr, 14 Gehälter)
RWR-Karte für StudienabsolventInnen € 35.721 Entlohnung nach KV (bzw. betriebsüblicher Überzahlung)
RWR-Karte für Sonstige Schlüsselkräfte ab 30 € 47.628 € 39.690
Blaue Karte EU € 66.593 € 44.395

Außerdem bieten die novellierten Gesetze Arbeitgeber:innen in Österreich zwei neue Optionen der langfristigen Anstellung internationaler Fachkräfte: 

  • Die brandneue Unterkategorie der Rot-Weiß-Rot – Karte, die sogenannte Rot-Weiß-Rot – Karte für Stammmitarbeiter, ist ab 1. Oktober 2022 für all jene attraktiv, die bisherige Stammsaisoniers unbefristet beschäftigen wollen. Hier entfällt sogar das Ersatzkraftverfahren! 

  • Bis dato konnten IT-Spezialist:innen, die kein Studium im IT-Bereich abgeschlossen haben, nur über die Rot-Weiß-Rot – Karte für Sonstige Schlüsselkräfte beschäftigt werden. Die Gesetzesreform sieht nun vor, dass IT-Fachkräfte, die über mindestens drei Jahre anerkannte Berufserfahrung in ihrem Bereich verfügen und weitere Voraussetzungen erfüllen, auch eine Blaue Karte EU erhalten können.  

Für Arbeitgeber:innen, die mehrere Niederlassungen in der EU haben, wird außerdem ab 1. Oktober die Entsendung von Fachkräften mit einer gültigen Blauen Karte EU innerhalb der Union vereinfacht, sofern die geschäftliche Tätigkeit 90 Tage nicht überschreitet. 

Was verbessert sich für Fachkräfte (und damit auch für ihre Arbeitgeber:innen in Österreich)?  

Auch drittstaatsangehörige Fachkräfte mit einem verbindlichen Jobangebot bei einem Unternehmen in Österreich erfahren durch die Gesetzesnovelle einige Verbesserungen, die von erleichterter Einwanderung bis hin zum attraktiven dauerhaften Aufenthalt in Österreich reichen.  

Zuallererst wird die Rot-Weiß-Rot – Karte mit ihren verschiedenen Unterkategorien für bestimmte angestellte Fachkräfte (Rot-Weiß-Rot – Karte für Sonstige Schlüsselkräfte, für Fachkräfte in Mangelberufen und für Besonders Hochqualifizierte) durch die Änderungen ab 1. Oktober 2022 deutlich zugänglicher gestaltet, insbesondere was die jeweiligen Punktesysteme betrifft: 

  • Es ist nicht länger notwendig, Geburtsurkunden vorzulegen.

  • Für anerkannte Sprachzertifikate in allen drei genannten Unterkategorien gilt ab Inkrafttreten der Novelle eine fünfjährige (statt der bisher bloß einjährigen) Gültigkeit. Legt also eine Fachkraft im Oktober 2022 ein Englisch-Zertifikat vor, das aus dem Jahr 2018 stammt, wird dieses nun als Nachweis anerkannt, während dies bis dato nicht möglich war.  

  • Die Berufserfahrung in allen drei Unterkategorien wird nun auch halbjährlich (statt wie bisher bloß jährlich) anerkannt. Wenn eine Fachkraft also bis dato 2,5 Jahre Berufserfahrung vorweisen konnte, wurden dafür nur 4 Punkte in den jeweiligen Punktesystemen vergeben, da nur volle Jahre der Berufserfahrung als solche anerkannt wurden. Ab Inkrafttreten der Novelle werden in diesem Beispiel 5 Punkte vergeben, da jedes Halbjahr Berufserfahrung einem Punkt entspricht.  

  • Für die Rot-Weiß-Rot – Karte für Fachkräfte in Mangelberufen und die Rot-Weiß-Rot – Karte für Sonstige Schlüsselkräfte können künftig zusätzliche 5 Punkte erlangt werden, wenn die Fachkraft Englischkenntnisse vorweisen kann und Englisch nachweislich Unternehmenssprache ist. Bisher war dies kein Faktor, der bei der Punktevergabe berücksichtig wurde! 

Außerdem erfahren auch einzelne Unterkategorien der Rot-Weiß-Rot - Karte spezifische Aufwertungen:  

  • Bei der Rot-Weiß-Rot – Karte für Fachkräfte in Mangelberufen entfällt künftig die Punktestaffelung bezüglich der Ausbildung: Während bisher galt, dass eine universitäre Ausbildung 30 Punkte und eine nicht-universitäre Ausbildung hingegen nur 20 Punkte bedeutet, werden ab 1. Oktober in jedem Fall 30 Punkte für eine nachweislich abgeschlossene Ausbildung im jeweiligen Mangelberuf vergeben. Zudem erhalten Fachkräfte, die zum Zeitpunkt der Antragstellung über 40, aber noch unter 50 Jahre alt sind, in Zukunft 5 Punkte für ihr Alter – bisher wurden hier 0 Punkte vergeben.  

  • Bei der Rot-Weiß-Rot – Karte für Sonstige Schlüsselkräfte entfällt ab 1. Oktober die Vorgabe der ausbildungsadäquaten Berufserfahrung. Konkret bedeutet das für Fachkräfte, dass nun auch Punkte für relevante Berufserfahrung, die nicht im Zusammenhang mit einer etwaigen Ausbildung steht, vergeben werden. Wenn also eine Fachkraft zum Beispiel Philosophie studiert hat, aber Berufserfahrung als Finanzanalystin gesammelt hat, kann diese künftig anerkannt werden – bisher wurde sie es nicht.  

Auch die Blaue Karte EU erlebt durch die Gesetzesreform Verbesserungen – zusätzlich zur oben bereits genannten Gehaltsänderung, IT-spezifischen Regelung und Entsendung:  

  • Fachkräfte, die mit einer Blauen Karte EU mindestens ein Jahr in Österreich arbeiten und dann (aus welchen Gründen auch immer) ihren Job verlieren bzw. wechseln möchten, können einen neuen Vollzeit-Job in Österreich annehmen und bereits beim neuen Unternehmen beginnen, auch wenn das Zweckänderungsverfahren zur „neuen“ Blauen Karte EU noch nicht abgeschlossen ist. Ein Ersatzkraftverfahren entfällt hier jedenfalls! 

  • Fachkräfte, die mit einer Blauen Karte EU kürzer als ein Jahr in Österreich arbeiten und dann (aus welchen Gründen auch immer) ihren Job verlieren bzw. wechseln wollen, können 30 Tage nach Einreichung des Zweckänderungsantrags bereits beim neuen Unternehmen zu arbeiten beginnen, auch wenn das Zweckänderungsverfahren zur „neuen“ Blauen Karte EU noch nicht abgeschlossen ist.  

  • Fachkräfte, die mit einer Blauen Karte EU in Österreich arbeiten und dann (aus welchen Gründen auch immer) ihren Job verlieren bzw. wechseln wollen, haben jedenfalls sechs Monate Zeit für die Jobsuche in Österreich. Sie müssen also nicht umgehend das Land verlassen! 

Zusätzlich dazu gelten ab 1. Oktober 2022 die folgenden Erleichterungen für alle Fachkräfte, die für eine Rot-Weiß-Rot – Karte (“Sonstige Schlüsselkräfte”, “Fachkräfte in Mangelberufen”, “Besonders Hochqualifizierte”, “StudienabsolventInnen” und “Stammarbeiter”) oder eine Blaue Karte EU infrage kommen: 

  • Während bisher für alle der genannten Aufenthaltstitel außer der Blauen Karte EU der Nachweis einer temporären Unterkunft in Österreich vorgelegt werden musste, ist dies ab 1. Oktober nicht mehr nötig – allerdings nur dann, wenn die Fachkraft ohne Familie nach Österreich einwandert. Wenn die Familie mit nach Österreich einwandert, muss weiterhin für die Anträge der Familie ein Nachweis der langfristigen Unterkunft vorgelegt werden. 

  • Eine selbstständige Erwerbstätigkeit in Österreich ist neben der Vollzeit-Tätigkeit bei Erfüllung spezifischer Voraussetzungen erlaubt – bisher war das nicht möglich.  

Was verbessert sich für Familien von Fachkräften (und damit auch für die Fachkräfte sowie für ihre Arbeitgeber:innen in Österreich)?  

Auch für Familien von Fachkräften bringt die Reform einige Änderungen:  

Besonders die neue Möglichkeit, dass Arbeitgeber:innen nicht nur für die Fachkraft, sondern auch für die Familie der Fachkraft (Ehepartner:innen, eingetragene Partner:innen, minderjährige Kinder) den Antrag auf den Aufenthaltstitel einbringen kann, führt idealerweise dazu, dass Familien zeitgleich nach Österreich einwandern können (und nicht wie bisher zeitversetzt).  

Außerdem wird die Gültigkeitsdauer der Aufenthaltstitel der Familien von Fachkräften an die der Fachkraft angepasst. Damit sind ab 1. Oktober 2022 ausgestellte Rot-Weiß-Rot – Karten Plus für Familienangehörige von Personen mit Rot-Weiß-Rot – Karten bis zu zwei Jahre gültig und müssen nicht wie bisher nach einem Jahr verlängert werden. Bisher galt diese Regel nur für Familienangehörige von Personen mit einer Blauen Karte EU. 

Familienangehörige von Personen mit einer Blauen Karte EU haben ab Inkrafttreten der Reform außerdem die (freiwillige) Option, ihren Antrag auf Rot-Weiß-Rot – Karte Plus direkt in Österreich bei der Aufenthaltsbehörde stellen, solange sie rechtmäßig (z.B. mit Visum C oder D) in Österreich sind.   

Was ändert sich außerdem noch? 

Zu guter Letzt freuen wir uns auch in eigener Sache: Die Beratungstätigkeit der Servicestelle Einwanderung und Aufenthalt bei der Austrian Business Agency im Zusammenhang mit Aufenthaltstitel-Verfahren wird mit der Reform im Gesetz verankert!

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Die ABA - Servicestelle für Aufenthalt und Einwanderung bietet kostenfreie Beratung für Fachkräfte im staatlichen Auftrag.

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